AIL: Interview mit Peter Schiessl zum Tesla-Unfall

AIL: Interview mit Peter Schiessl zum Tesla-Unfall

 

„Beim autonomen Fahren ist niemand so weit wie Tesla“

Nach dem tödlichen Unfall eines amerikanischen Tesla-Fahrers bei eingeschaltetem Autopiloten gibt es Zweifel – an der Technologie im Allgemeinen und am Elektroauto-Pionier im Speziellen. Peter Schiessl, CSO der AIL Leasing, blickt zurück auf den Vorfall und voraus auf die Zukunft des autonomen Fahrens.

Herr Schiessl, der tödliche Unfall eines Tesla-Fahrers bei eingeschaltetem Autopilot ist derzeit ein großes Thema. Wie schätzen Sie diese Diskussion ein?

Peter Schiessl: Man macht sich natürlich Gedanken, gerade weil ich ja selbst ein Tesla Model S habe. Mit dem bin ich inzwischen etwa 20 000 Kilometer gefahren, davon 2000 bis 3000 mit Autopilot. Ich muss sagen: Wenn sich das System an ordentlichen Fahrbahnmarkierungen orientieren kann, funktioniert es wunderbar. Dann fährt der Tesla wie ein Uhrwerk in der Mitte der Spur, nicht einmal in Schlangenlinien. Im Stau ist der Autopilot sowieso die perfekte Lösung.

Das heißt, man kann entspannt die Füße hochlegen und die Hände vom Lenkrad nehmen?

Nein, das sicher nicht. Ein normaldenkender Fahrer sollte auch mit eingeschaltetem Autopiloten immer so auf Alarm sein, als würde er das Auto selbst steuern. Und in der Stadt funktioniert die Technik nur so lange, bis ein unvorhergesehenes Hindernis auftaucht. Ich habe das ausprobiert, und das kann der Tesla nicht. Genauso wenig übrigens wie ein Mercedes oder Audi, die ja schon ähnliche Systeme anbieten. Und im Vergleich muss man sagen: Auf dem Gebiet ist niemand auch nur annähernd so weit wie Tesla.

Tesla wird vorgeworfen, das System zu früh eingeführt haben und zu weit vorgeprescht zu sein. Wie sehen Sie das?

Wir können zwei Diskussionen führen. Die derjenigen mit dem erhobenen Zeigefinger. Oder die der Leute, die sagen, dass man auch mal aggressiv nach vorne gehen muss. Ich gehöre zur zweiten Gruppe. Natürlich ist der Fahrer für Tesla ein Proband, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Der Autopilot ist ja immer noch eine Beta-, also eine Testversion. Außerdem sammelt Tesla von seinen Autos fortwährend Daten, aktuell sind es um die 200 Millionen Kilometer. Das heißt, Tesla bekommt mit, wenn der Autopilot an einer Verkehrsinsel ausgestiegen ist oder Ähnliches und verbessert das System daraufhin. Auch die jüngsten Unfälle werden dazu führen, dass der Autopilot verbessert wird.

Ist es aus Ihrer Sicht okay, den Fahrer zum Versuchskaninchen zu machen?

Das muss jeder selbst wissen. Man muss ja nicht mit Autopilot fahren. Doch jeder, der das System einschaltet, muss verantwortungsvoll handeln. Der tödlich verunglückte Fahrer soll ja einen Film geschaut haben, als der Unfall passierte – so sollte man sich in meinen Augen nicht verhalten! Tesla zeigt aber durchaus Verantwortung: Ein Warnsignal fordert den Fahrer alle paar Minuten auf, die Hände ans Lenkrad zu nehmen. Inzwischen funktioniert der Autopilot nur noch bis 150 km/h, früher bis 200. Und man darf nicht vergessen: Auch die andere Technik kann mal versagen. Wenn zum Beispiel die Bremse nicht funktioniert, kann ich immer noch woanders hinlenken oder ins Feld fahren. Aber ich muss aufmerksam sein!

Wird die aktuelle Situation die Technik zurückwerfen?

Das glaube ich nicht. Aber ich denke sowieso, dass diese Technik vor allem bei Lastwagen Sinn ergibt. Die können in einem Abstand von drei Metern in Kolonne fahren, wenn das autonome Fahren richtig funktioniert. Dadurch wird der Autobahnverkehr gleichzeitig entspannt und beschleunigt. Bei Personenwagen sehe ich bislang nur eine wirkliche Zielgruppe: Geschäftsleute, die ständig im Auto sitzen und während der Fahrt ihre E-Mails bearbeiten können. Mir geht es ja auch so: Ich habe einen täglichen Arbeitsweg von je einer Stunde hin und zurück. Das wäre ein echter Zeitgewinn! Da kann man viel erledigen, wenn ein Auto selbständig fahren kann. Aber wenn jemand gerne Auto fährt und Spaß daran hat, wird er die Technik sowieso nicht nutzen.

Für die Autoindustrie ist das aber gerade ein riesiges Zukunftsthema. Denkt sie da in die falsche Richtung?

Die Branche hat sich darauf nun einmal festgelegt und marschiert nun in diese Richtung – ein bisschen wie die Lemminge. Aber in manchen Situationen ist es ja durchaus sinnvoll, im Stau zum Beispiel. Oder in Ländern, in denen ein striktes Tempolimit herrscht, etwa in der Schweiz. Dort macht Autofahren wenig Spaß, also kann ich gleich alles das Auto alleine machen lassen. Da ist ein Autopilot für mich selbstverständlich die Lösung! In Deutschland sehe ich den Gewinn dagegen nicht. Selbst ich schalte ihn auf der Autobahn nur selten ein – allein deshalb, weil ich schneller als 150 km/h fahren möchte.

Wie sehen Sie generell die Zukunft von Tesla, nicht nur in Hinblick auf den Autopiloten, sondern auch beim Thema alternative Antriebe? Ist die Firma immer noch das visionäre Vorbild von einst?

Das Image hat natürlich Kratzer bekommen und ich glaube auch, dass sich der eine oder andere in der Industrie ein bisschen über die negativen Schlagzeilen freut. Denn Tesla ist – daran ändern auch die Unfälle nichts – den anderen um Lichtjahre voraus. In der ganzen Zeit, die ich mit dem Auto gefahren bin, war noch keine Schraube locker. Einmal ist mir das System abgestürzt. Dann habe ich zwei Knöpfe am Lenkrad gedrückt, das System ist einmal runter- und wieder hochgefahren und dann ging wieder alles.

Also ein empfehlenswertes Auto, auch nach 20 000 Kilometern?

Nach wie vor! Schauen Sie sich die Reichweite von fast 500 Kilometern an. Der Tesla ist für mich Stand jetzt das einzige belastbare E-Auto auf diesem Erdboden.

 

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